Stallumbauten: Nur so kommen sie endlich in Gang

Für Investitionen in Stallumbauten brauchen Tierhalter Planungssicherheit - mit modernem Baurecht und verlässlicher Finanzierung

Label auf (Fleisch-)Produkte zu kleben, macht noch keine Tierwohl-Fortschritte. Damit unsere Landwirte in Stallum- und Neubauten investieren können, brauchen sie Planungssicherheit. Und zwar sowohl finanziell als auch in der praktischen Umsetzung.

Haltungs- und Herkunftskennzeichnung machen nur in Kombination Sinn: Warum, erläutert dieser Beitrag. Aber selbst ein kombiniertes Labelsystem bildet zunächst einmal lediglich den Status quo in der Tierhaltung ab. Für die politisch und gesellschaftlich gewünschte Entwicklung zu höheren Haltungsstufen braucht es einen Um- und Neubau von Ställen. Und der kommt in der Breite bislang nicht in Gang, weil entscheidende politische Weichenstellungen fehlen. Wir zeigen, welche.

Finanzierung: Endlich verlässliches, langfristiges Konzept liefern!

Die Nutztierhaltung so umzubauen, dass sie höheren Anforderungen an das Tierwohl genügt, kostet viel Geld – und zwar langfristig. Denn den Betrieben entstehen dadurch neben den reinen Neu- oder Umbaukosten auch höhere, laufende Ausgaben. Experten schätzen den Finanzierungsbedarf auf vier bis sechs Milliarden Euro jährlich – Niedersachsens neue Agrarministerin Miriam Staudte (Grüne) hat ihn Ende 2022 sogar auf bis zu sieben Milliarden Euro taxiert.

Die Ampel-Regierung sieht allerdings bislang lediglich eine Milliarde Euro als Anschubfinanzierung über vier Jahre vor. Unklar ist, wer oder was die verbleibende Lücke stopfen soll: Produzenten wie auch Verbraucher sind finanziell am Limit, der Markt allein wird es nicht richten. Mitglieder der Borchert-Kommission, der auch ZDG-Präsident Friedrich-Otto angehört, zeigen sich verärgert: Das breit aufgestellte Expertengremium hatte vor nunmehr drei Jahren sinnvolle und praktikable Finanzierungswege aufgezeigt – zum Beispiel über eine staatliche Tierwohl-Prämie. Doch bis heute kann sich die Politik nicht auf ein Konzept einigen.

„Das 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen der Bundesregierung zum Umbau der Bundeswehr zeigt: Es gibt Mittel und Wege, gesellschaftliche Mammutprojekte, wie auch die historische Transformation der Nutztierhaltung eines ist, finanziell zu stemmen“, sagt ZDG-Geschäftsführer Wolfgang Schleicher. Er kann sich gut ein „Sondervermögen Tierhaltung“ vorstellen, finanziert aus Umsatzsteuer-Einnahmen. „Es braucht nur den politischen Willen dafür – und Ampel-Koalitionsparteien, die an einem Strang ziehen.“

Bau- und Immissionsschutzrecht: Zielkonflikt zwischen Tierwohl und Umweltschutz auflösen!

Doch selbst Landwirtinnen und Landwirte, die finanziell in Vorleistung gehen würden, scheitern in der Realität häufig schon im Genehmigungsverfahren. Denn das Baugesetzbuch sowie die sogenannte Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft (kurz: TA Luft) setzen mit Blick aufs Klima äußerst hohe Anforderungen an Bauvorhaben und den Immissionsschutz.

Das Problem: Für mehr Tierwohl braucht es größere Ställe, die den Tieren mehr Außenklimareize bieten. Dies führt jedoch unweigerlich zu mehr Emissionen und steht damit konträr zum Ziel Umweltschutz. Geflügelhalter sind zunehmend verunsichert– auch, weil sie bei Umbaumaßnahmen riskieren, dass der Bestandsschutz für die komplette Betriebsstätte erlischt und neue, aufwändige und langwierige Zulassungsverfahren notwendig werden.  „Das muss ein Ende haben“, sagt ZDG-Präsident Friedrich-Otto Ripke. „Der Gesetzgeber muss eine ‚Tierwohlverbesserungsgenehmigung‘ beschließen, bei der die Ziele Tierwohl und Immissionsschutz gemeinsam gelöst werden!“ Besonders wichtig ist dem Verband eine Öffnungsklausel der TA Luft für Stallumbauten, die dem Tierwohl dienen.

Immerhin, das Problem ist erkannt: Bundeslandwirtschafts- und Bauministerium demonstrierten bereits im Herbst 2022 ihre Eintracht bei den Vorbereitungen für entsprechende Gesetzesänderungen. Ein Referententwurf für Anpassungen im Baugesetzbuch liegt inzwischen vor – leider aus Sicht (nicht nur) der Geflügelwirtschaft noch mit besorgniserregenden Lücken und Schwächen: Unter anderem sollen baurechtliche Erleichterungen offenbar an den Abbau der Tierzahlen geknüpft werden. Wir brauchen hier schnellstens Klarheit, damit auch unsere Geflügelhalter ihre Bauvorhaben für noch mehr Tierwohl umsetzen können.

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