Haltungs- und Herkunftskennzeichnung: In Berlin spielt die Musik!

Bei den Vorhaben Haltungskennzeichnung und Herkunftskennzeichnung für Fleisch hat die Politik noch Einiges zu tun.

Mit einer verbindlichen Haltungskennzeichnung sowie einer umfassenden Herkunftskennzeichnung hat sich die Ampel-Regierung ambitionierte Ziele gesetzt – und nach Startschwierigkeiten beides auf den Weg gebracht. Sollen die Labels tatsächlich zu einem nachhaltigen Umbau der Nutztierhaltung beitragen, gibt es aber noch Einiges zu tun.

Auf diese Nachricht hatte nicht nur die Geflügelwirtschaft lange gewartet: Das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) hat jüngst angekündigt, bei der Herkunftskennzeichnung eine nationale Regelung anzustreben.

Moment – war das nicht ohnehin im Koalitionsvertrag angekündigt?

Ja. Aber Cem Özdemirs Ministerium wollte erst einen EU-einheitlichen Entwurf aus Brüssel abwarten. Vergeblich: Die EU hatte ihn ursprünglich für Ende 2022 angekündigt. Kurz darauf war nur noch von „Anfang 2023“, zuletzt von „Sommer 2023“ die Rede – nun soll es die zweite Jahreshälfte werden. Auch das BMEL ist offenbar mit seiner Geduld am Ende.

Herkunftskennzeichnung: Die wichtigen Geltungsbereiche identifizieren!

Dass nationale Schritte möglich sind, zeigen die Vorbereitungen für Herkunftsinformationen an Fleischtheken und in Metzgereien, die die deutsche Regierung vor Wochen eigenständig initiiert hat. Damit wird die Transparenz im Lebensmitteleinzelhandel (LEH) weiter ausgebaut: Herkunftsangaben auf vorverpackten Fleischprodukten sind in Deutschland – auf Basis von EU-Verordnungen – bereits verpflichtend. Die „Fleischtheken“-Initiative des BMEL ist aus Sicht der Geflügelwirtschaft als weiterer Schritt begrüßenswert, aber noch nicht ausreichend: Denn nahezu null Herkunftstransparenz gibt es bislang in Restaurants und Kantinen – obwohl dort mehr als die Hälfte des Geflügelfleisches verzehrt wird.

Unklar ist, ob die EU diesen wichtigen Bereich im Blick hat. Zu erwarten ist, dass der Entwurf aus Brüssel sich, wenn er denn kommt, eher auf verarbeitetes Fleisch im LEH bezieht. „Dass Berlin das Heft des Handelns wieder an sich nimmt, war überfällig – und birgt die große Chance, dass die nationale Lösung den Außer-Haus-Verzehr als elementaren Geltungsbereich miteinbezieht“, sagt Friedrich-Otto Ripke, Präsident des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG).

Haltungskennzeichnung: Schwächen und Lücken beseitigen!

Über die Dynamik beim Thema Herkunftstransparenz war die verpflichtende staatliche Haltungskennzeichnung zuletzt medial in den Hintergrund gerückt. Den Gesetzentwurf hierfür hat der Bundestag im Dezember in erster Lesung debattiert – und bessert hoffentlich noch nach.

Die deutsche Geflügelwirtschaft hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass sie diesen Entwurf für nicht gelungen hält. Schließlich ist mit der privatwirtschaftlichen Initiative Tierwohl (ITW) und deren Haltungsformstufen im LEH ein von Verbrauchern geschätztes System etabliert. „Anstatt die ITW-Expertise und ihre Infrastruktur zu integrieren, treibt die Bundesregierung eine eigene Lösung voran, die zusätzliche Bürokratie schafft und den Verbraucher verwirrt“, kritisiert ZDG-Geschäftsführer Wolfgang Schleicher. Die Zukunft alternativer Labels neben einem staatlichen Kennzeichen sei ungewiss.

Zudem wären heimische Produzenten durch das staatliche Label im Nachteil, weil ausländische Importe gemäß EU-Recht nicht unter die heimische Kennzeichnungspflicht fallen. Deshalb wären sie mehr denn je auf die Sichtbarkeit ihrer hochwertigen Produkte angewiesen, um im scharfen Preiswettbewerb bestehen zu können. Damit schließt sich ein Kreis zur bereits beschriebenen anderen großen Baustelle, macht ZDG-Geschäftsführer Wolfgang Schleicher klar: „Voraussetzungen für eine sinnvolle staatliche Haltungskennzeichnung wären erst gegeben, wenn sie mit der verpflichtenden Herkunftskennzeichnung flankiert wäre.“

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