Selbstversorgungsgrad: Nicht alle Fleischarten in einen Topf werfen!

Laut Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung liegt der Selbstversorgungsgrad bei Fleisch in Deutschland bei 121 Prozent – ein genauer Blick zeigt aber: Dies gilt nicht für Geflügel.

These: „In Deutschland gibt es eine enorme Fleisch-Überproduktion!“

Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE), die zum Geschäftsbereich des Bundeslandwirtschaftsministeriums gehört, veröffentlicht regelmäßig die neuen Selbstversorgungsgrade für bestimmte Lebensmittel bzw. Lebensmittelkategorien. Sie bilden ab, inwieweit sich ein Land mit einem Lebensmittel „selbst versorgen“ kann – also, zu wie viel Prozent die heimische Produktion den Bedarf der eigenen Bevölkerung deckt (hier erfahren Sie mehr zum Thema).

Die Grafik weist für das Lebensmittel „Fleisch“ für das Jahr 2021 (das ist die aktuellste Jahresauswertung) einen Wert von 121 Prozent aus. Heißt das, dass wir in Deutschland deutlich mehr Fleisch produzieren als wir (ver-)brauchen? Gegner der Nutztierhaltung interpretieren das so – und untermauern damit ihre Forderung nach einer Reduktion der Tierbestände am Standort Deutschland.

Die Wahrheit ist: „Fleisch“ ist hier ein Sammelbegriff, differenziert nach Tierart fallen die Selbstversorgungsgrade sehr unterschiedlich aus. Speziell der Wert für Geflügel geht seit Jahren zurück und lag nach vorläufigen Zahlen im Jahr 2022 bei rund 97 Prozent. Bei Putenfleisch waren es sogar nur noch rund 82 Prozent. Das heißt, dass heimische Geflügelproduzenten die Nachfrage hierzulande schon jetzt nicht mehr bedienen können, sondern zunehmend Fleisch importiert wird. Denn im Gegensatz zu anderen Fleischarten ist die Nachfrage nach Geflügel ungebrochen.

Zwar ist der grenzüberschreitende Handel von Fleisch in einer globalisierten Welt und insbesondere auf dem EU-Binnenmarkt legitim und üblich. Weil Geflügelteile, die hierzulande weniger beliebt sind, in anderen Ländern als Delikatesse gelten – zum Beispiel Hühnerfüße –, trägt er sogar dazu bei, Lebensmittelverschwendung zu begrenzen. Klar ist aber auch: Wenn es um Tierwohl und Nachhaltigkeit geht, ist eine heimische Produktion die beste Wahl. Nur bei Geflügelfleisch, das aus Deutschland kommt, wissen wir genau, unter welchen Haltungs- und Produktionsstandards es hergestellt wurde. Im Ausland sind die Haltungs- und Produktionsbedingungen mindestens unklar, meistens schlechter als bei uns. Hinzu kommen die langen Transportwege.

ZDG-Präsident Friedrich-Otto Ripke bringt es auf den Punkt: „Minderwertiges Fleisch zu importieren, Klima- und Tierwohl-Probleme zu exportieren: Das kann nicht das Ziel eines grün geführten Landwirtschaftsministeriums sein.“ Kontinuierlich sinkende Selbstversorgungsgrade sind daher nicht weniger als eine Mahnung an die Politik, die heimische Erzeugung von Geflügelfleisch zu stärken, um eine qualitativ hochwertige, verantwortungsvolle Nahrungsmittelversorgung zu gewährleisten.

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