Wissenschaft und Landwirte fordern: Forschung sichern, Innovation fördern!

Das Bundesprogramm Nutztierhaltung soll massiv gekürzt werden. Aus Sicht der Geflügelwirtschaft und weiterer Akteure ist das angesichts der Herausforderungen, vor denen der Agrarsektor steht, unbegreiflich.

Das Bundesprogramm Nutztierhaltung ist ein zentrales Element der Nutztierstrategie. Die Bundesregierung will damit den Weg für eine zukunftsfähige und nachhaltige Nutztierhaltung bereiten. Oder doch nicht? Denn die Mittel des Förderprogramms sollen massiv gekürzt werden. Aus Sicht der Geflügelwirtschaft und weiterer Akteure ist das angesichts der Herausforderungen, vor denen der Agrarsektor steht, unbegreiflich.

Das Ziel der Nutztierstrategie der Bundesregierung ist es, dass durch konsequente Weiterentwicklung der Haltungsbedingungen „das Tierwohl verbessert, Umweltwirkungen vermindert und gleichzeitig den landwirtschaftlichen Betrieben zukunftsfähige und in der Praxis umsetzbare Verfahrensweisen an die Hand gegeben werden“.

Das Bundesprogramm Nutztierhaltung (BUNTH) soll dazu beitragen, indem es Forschung und Innovation fördert. Umgesetzt wird es von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) als Projektträgerin. Doch das Bundeslandwirtschaftsministerium will die Mittel für das Bundesprogramm drastisch kürzen: Von 30,5 Millionen Euro im Jahr 2023 auf rund 24 Millionen Euro im Jahr 2024. Ab 2027 soll die Förderung Berichten zufolge von der Haushaltslage abhängig gemacht werden. Ein Sprecher des Bundeslandwirtschaftsministerium wurde mit der Aussage zitiert, dass „vor dem Hintergrund der angespannten Haushaltslage und der Vorgaben des Bundesfinanzministeriums in allen Bereichen Einsparmöglichkeiten hätten geprüft werden müssen“.

Erste Forschungsprojekte liegen auf Eis

Die Ankündigungen bedeuten, dass zwar laufende Maßnahmen fortgesetzt, aber keine neuen im bisherigen Umfang angestoßen werden könnten. Unmittelbar davon betroffen sind zahlreiche Forschungsprojekte im Bereich Tierhaltung (Beispiele aus der Geflügelwissenschaft lesen Sie im nächsten Artikel). Aus der Landwirtschaft ist bereits zu hören, dass Forschungsprojekte, die über die BLE in diesem Förderprogramm eingereicht wurden, aktuell nicht weiterbearbeitet würden. CDU/CSU-Agrarsprecher Albert Stegemann sieht die geplanten Mittelkürzungen top agrar zufolge als Beleg dafür, dass Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir es mit dem Tierwohl-Umbau womöglich doch nicht so ernst meint.

Der Bundesverband Rind und Schwein (BRS), die Deutsche Gesellschaft für Züchtungskunde e.V. (DGfZ) sowie der Förderverein Bioökonomieforschung e.V. (FBF) gehen angesichts dieser Aussichten in die Offensive. „Die Streichung dieses bedeutenden Förderprogramms würde nicht nur einen herben Rückschlag für die wissenschaftlichen Einrichtungen bedeuten, sondern auch negative Konsequenzen für den landwirtschaftlichen Sektor, alle Tierhaltungsbetriebe und damit letztlich auch das gesamte Agribusiness haben“, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung. Denn der gesellschaftlich gewünschte Umbau der Nutztierhaltung kann – trotz des großen Einsatzes im Zusammenspiel von Wissenschaft, Fachverbänden und landwirtschaftlichen Betrieben – ohne Unterstützung des Bundes schlicht nicht realisiert werden.

 Agrarwissenschaften vor historischen Herausforderungen

Diese Unterstützung ist mehr denn je vonnöten, weil die Agrarwissenschaften angesichts eines steigenden Nahrungsmittelbedarfs bei abnehmenden Ressourcen und zunehmendem Extremwetter vor neuen Herausforderungen stehen: Es braucht wissenschaftliche Erkenntnisse und Antworten zur Aufrechterhaltung der Bodenfruchtbarkeit, der Schonung nicht erneuerbarer Ressourcen, zur Einsparung mineralischer Düngemittel oder zur Förderung der Biodiversität im ländlichen Raum – aber eben auch zum Thema Tierhaltung: Denn trotz politischer Empfehlungen für eine stärker pflanzenbasierte Ernährung ist – auch aus Sicht der Geflügelwirtschaft – eine ausgewogene Mischkost inklusive Fleisch erforderlich, um die Nährstoffversorgung der Weltbevölkerung zu sichern und die Kreislaufwirtschaft aus tierischem und pflanzlichem Erzeugungsweg in Balance zu halten.

„Die jahrzehntelange enge Zusammenarbeit und Kooperation von Wissenschaft und landwirtschaftlicher Praxis ist die Basis dafür, dass Deutschland zu den Ländern mit den höchsten Tierwohl-, Umwelt- und Klimastandards zählt. Gleichzeitig gehört Deutschland mit zu den Ländern, die am effektivsten und nachhaltigsten Grundnahrungsmittel erzeugen“, so die Vertreter von BRS, FBF und DGfZ weiter. Sie appellieren an die Verantwortlichen, die Forschung in Deutschland zu sichern und Innovationen weiter zu fördern.

 Wer sich dem Appell anschließen will, kann dies durch Mitzeichnung auf der Website des BRS tun.

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