Wie kann die Nutztierhaltung in Deutschland so umgestaltet werden, dass mehr Tierwohl und Umweltschutz erreicht werden, ohne Tierhalter, Vermarkter und Verbraucher zu überfordern? Die sogenannte Borchert-Kommission hat dazu gute Vorschläge erarbeitet. Zentraler Baustein ist eine moderate Tierwohlprämie, mit der eine zukunftsweisende Tierhaltung finanziert werden soll.
Gute Vorarbeit – schlüssiges Konzept
Die Kommission unter Leitung des ehemaligen Bundeslandwirtschaftsministers Jochen Borchert hat ihr Zukunftskonzept schon im vergangenen Jahr vorgelegt. Das zuständige Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat zusätzlich noch eine unabhängige Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Diese liegt seit März 2021 vor. Sie zeigt auf, dass die Finanzierung und der rechtskonforme Umbau der Nutztierhaltung in Deutschland möglich sind.
Ein wichtiger Punkt für alle Halter: Die Studie bekräftigt, dass ihnen die Ausgaben für den tierwohlgerechten Umbau oder Neubau der Ställe und die höheren laufenden Kosten ausgeglichen werden müssen. Für den Gesamtförderbedarf aller Tierarten wird in der Studie eine Schätzung vorgenommen: Sie steigen demnach von 2,9 Milliarden Euro im Jahr 2025 auf gut 4,3 Milliarden Euro im Jahr 2030 an. Ab 2040 werden 4,1 Milliarden Euro jährlich nötig sein.
Doch wie können diese Kosten gerecht geschultert werden? Von mehreren Optionen rückt eine mengenbezogene Tierwohlprämie als Schlüssel zum Erfolg in den Vordergrund. In der Diskussion sind rund 40 Cent je Kilogramm Fleisch und Fleischverarbeitungsprodukte. Eine solche Tierwohlprämie deckt einen Großteil der Kosten ab, die entstehen, wenn fleischerzeugende Betriebe in moderne Ställe und noch mehr Tierwohl investieren.
Planungssicherheit und Augenmaß
Die deutsche Geflügelwirtschaft steht voll und ganz hinter dem Konzept der Tierwohlprämie – denn sie deckt sich mit unserem Anspruch, das beste Geflügelland der Welt sein zu wollen. Allerdings darf der nächste Sprung nach vorne die Verbraucher nicht überfordern. „Zu hohe Preise für deutsche Fleischprodukte könnten Impulse für den Billig-Import von Geflügelfleisch aus dem Ausland auslösen“, warnt Friedrich-Otto Ripke, Präsident des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft e. V. (ZDG). Das Mehr-an-Tierwohl-Ziel würde dann sicher verfehlt, denn die Erzeugungsstandards von Geflügelfleisch liegen in vielen Ländern unterhalb der deutschen Standards – und deutlich unterhalb des Niveaus der Haltungsstufe 2, die heute bereits 80 Prozent der heimischen Hähnchen- und Putenhalter durch ihre Teilnahme an der Initiative Tierwohl Geflügel erreichen.