Im Fokus: Ukraine-Krieg und Geflügelstandort Deutschland

Ernährungssicherheit: Jetzt die richtigen Lehren aus der Krise ziehen!

Der Ukraine-Krieg macht die Schwachstellen globaler Handelsbeziehungen und Lieferketten sichtbar. Spätestens jetzt muss die Agrarpolitik begreifen: Wir brauchen verlässliche Rahmenbedingungen für eine starke und zukunftsfeste heimische Lebensmittelerzeugung – auch und gerade bei Geflügelfleisch.

Bereits die Corona-Pandemie hat Deutschland und Europa schmerzhaft vor Augen geführt: Wenn globale Lieferketten und Produktionsprozesse ins Stocken geraten, hat das Auswirkungen darauf, was heimische Hersteller produzieren und anbieten können – und zu welchen Preisen. Der Ukraine-Krieg erhöht aus Sicht der EU-Länder nochmals auf drastische Weise die Dringlichkeit, ihre Abhängigkeit von den Weltmärkten zu reduzieren und die heimische Herstellung lebenswichtiger Produkte zu stärken.

Glücklicherweise scheint die Politik das erkannt zu haben. So hat die EU-Kommission jüngst Flexibilität bei der Umsetzung ihrer ambitionierten „Green-Deal“-Strategie signalisiert: Wegen des Kriegs hat sie unter anderem ökologische Vorrangflächen zeitlich begrenzt für den konventionellen Anbau von Agrarprodukten freigegeben, um die Ernteerträge in Europa zu steigern. Außerdem ruft sie dazu auf, etwa Weizen und Mais verstärkt zur Nahrungs- und Futtermittelproduktion und weniger zur Erzeugung von Biokraftstoffen zu nutzen.

„Das sind begrüßenswerte erste Antworten auf die akute Krisensituation“, sagt ZDG-Präsident Friedrich-Otto Ripke. „Von einem verstärkten EU-Anbau insbesondere von Futtermitteln wie Weizen dürften indirekt auch die deutschen Geflügelhalter profitieren.“ Gleichwohl stellt sich die Frage, wie eine nachhaltige und sichere heimische Versorgung mit Nahrungsmitteln aussehen kann, nicht erst seit dem Ukraine-Krieg. „Für eine zukunftsfeste deutsche Geflügelfleischerzeugung brauchen wir mehr als kurzfristige und zeitlich begrenzte Maßnahmenpakete“, so Ripke.

Nach Auffassung des ZDG gehört die deutsche Geflügelfleischerzeugung zwingend mit in den Fokus einer grundsätzlichen agrarpolitischen Neujustierung. Die Branche liefert gesunde Proteine für eine ausgewogene Ernährung zu erschwinglichen Preisen – unter Nachhaltigkeits-, Qualitäts- und Erzeugungsstandards, die weltweit zur Spitze gehören. Allerdings leidet sie seit längerem unter steigenden Energie- und Futtermittelkosten sowie einem nahezu ruinösen Preiswettbewerb, in dem die deutschen Erzeuger gegen ausländische Billigproduzenten häufig das Nachsehen haben. Und das, obwohl die heimische Nachfrage nach Geflügelfleisch unablässig steigt (mehr dazu lesen Sie hier). „Das zeigt, wie beliebt unsere Produkte bei deutschen Verbrauchern sind“, so Ripke. „Wir wollen diese Nachfrage aus Deutschland bedienen!“ Die heimischen Geflügelhalter benötigen aber langfristige Sicherheiten für ihre Investitionen, um weitere Fortschritte bei Tierwohl und Nachhaltigkeit finanzieren zu können und wettbewerbsfähig zu bleiben.

 

Verlässliche Rahmenbedingungen schaffen – so kann es gehen

Konkrete Lösungsvorschläge, um den Geflügelstandort Deutschland auch mittel- und langfristig zukunftssicher zu machen, liegen längst auf dem Tisch. Bei folgenden drängenden Themen muss schnellstmöglich angepackt werden:

  • Mithilfe einer umfassenden Herkunfts- und Haltungskennzeichnung könnten die heimischen Erzeuger ihre Vorteile ausspielen, weil beides mit großer Sicherheit die Nachfrage der Konsumenten nach deutschem Qualitätsfleisch erhöht. Großes Potenzial und entsprechender Handlungsbedarf liegt gerade im Bereich Gastronomie und Großhandel, wo es im Gegensatz zum Lebensmitteleinzelhandel bisher so gut wie gar keine Transparenz darüber gibt, wo das angebotene Fleisch herkommt.
  • Das notwendige Kennzeichnungssystem muss verbunden sein mit einer tragfähigen, staatlich unterstützten Finanzierungslösung für den Umbau der Nutztierhaltung: Sie ist erforderlich, damit das bisherige Engagement und die weiteren Fortschritte der heimischen Geflügelhalter für noch mehr Tierwohl nicht nur sichtbar, sondern auch ökonomisch tragbar werden.
  • Für flächendeckende Investitionen der Geflügelhalter in Tierwohlställe braucht es darüber hinaus Anpassungen beim Bau- und Immissionsschutzrecht: Unrealistische Anforderungen an Luftreinhaltung und Lärmschutz, hohe bürokratische Hürden und langwierige Genehmigungsverfahren führen bislang dazu, dass der Ausbau bisher nicht ausreichend vorankommt.
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