Geschlechtergerechtigkeit: Wie wir Frauen in der Landwirtschaft stärken!

Frauen sind in der Landwirtschaft unterrepräsentiert – in Führungspositionen und im öffentlichen Bild der Branche. Daher wurde ihre Rolle jetzt in einer umfassenden Studie der Bundesregierung beleuchtet. Die Forschungsergebnisse zeigen, welche wichtigen Rollen weibliche Arbeitskräfte auf Höfen in Deutschland erfüllen und wodurch ihre Lebens- und Arbeitssituation verbessert werden kann.

Das öffentliche Bild ist eindeutig: Die Arbeit auf landwirtschaftlichen Betrieben wird vorrangig Männern zugeschrieben – für Führungspositionen gilt das allemal. Klar ist: Es arbeiten auch viele Frauen auf Deutschlands Höfen. Nicht so offensichtlich ist, welche Aufgaben sie erfüllen, wie sie ihre Rolle selbst wahrnehmen und wie sie gestärkt werden können. Daher hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) jüngst die erste gesamtdeutsche Studie zur Lebens- und Arbeitssituationen der Frauen in der Landwirtschaft initiiert. Durchgeführt wurde die Studie vom Thünen-Institut für Betriebswirtschaft und der Universität Göttingen.

Die umfassenden Untersuchungsergebnisse zeichnen ein vielfältiges Bild von Frauen in der Landwirtschaft. Laut Online-Umfrage schätzen die Frauen am Hofleben besonders, dass ihre Kinder auf dem Betrieb aufwachsen können, sie eine ländliche Wohnlage haben und in der Natur sowie mit Tieren arbeiten. Das Fazit der Forschenden lautet: „Frauen leben Landwirtschaft!“ Sie erfüllen wichtige Rollen in vielen Bereichen der Höfe – von der Pflege des Geländes und des Hauses bis zur Feldarbeit, von der Tierhaltung bis zur Geschäftsführung.

Die Hofnachfolge tritt meist der Sohn an

Die Studie zeigt aber auch: Die Gleichstellung der Geschlechter ist in den landwirtschaftlichen Betrieben noch lange nicht erreicht. Denn obwohl Frauen auf den Höfen eine tragende Rolle spielen, ist die Landwirtschaft nach wie vor eine männlich dominierte Branche. Nur jeder neunte landwirtschaftliche Betrieb wird von einer Frau geleitet. Ein Grund: Besonders in den westlichen Bundesländern wurden Familienbetriebe früher überwiegend an den Sohn und nicht an die Tochter übergeben. Hier ist erfreulicherweise ein Wandel erkennbar, da heutzutage immer mehr Betriebsleiter eine Tochter zur Hofnachfolgerin bestimmen. So planten im Jahr 2020 18 Prozent der zur Hofübergabe befragten Einzelunternehmen eine Hofübergabe an ihre Tochter.

Doch abgesehen von einer männlich geprägten Landwirtschaftswelt gibt es noch andere äußere Einflüsse, die sich hemmend auf weibliche Karrieren in der Branche auswirken. Auch dafür gibt es Indizien in den Umfrageergebnissen. Die beiden belastendsten Aspekte für Frauen in der Landwirtschaft sind demnach das gesellschaftliche Image der Branche sowie die Planungsunsicherheit für große Investitionen im Betrieb.

 

Aufklärung, Beratung, Mentoring

Was kann getan werden, um mehr Frauen für die Landwirtschaft zu begeistern und deren Arbeitssituation zu verbessern? Die Forscherinnen und Forscher der BMEL-Studie haben auf Basis der Studienergebnisse Handlungsempfehlungen herausgearbeitet. Potenzielle Hofnachfolgerinnen sollen durch spezielle Lehrgänge und Netzwerkangebote gefördert werden. Frauen, die keinen Hof erben, benötigen niedrigschwellige Förderprogramme und Beratungsangebote zur Existenzgründung. Zudem sollen alle Frauen durch Mentoring-Projekte unterstützt werden. Wie wichtig eine Mentorin für den Karriereweg in der Landwirtschaft sein kann, erzählt die Hähnchenhalterin Kristin Schulz in der aktuellen Folge unseres Rausgepickt-Geflügelpodcasts.

Zudem empfiehlt das Forscherteam Frauen auf landwirtschaftlichen Betrieben, sich frühzeitig um ihre soziale Absicherung zu kümmern – und die Versicherungsträger sollen aktiv auf mögliche Versorgungslücken aufmerksam machen. Zu Themen wie Risiken am Arbeitsplatz oder Regelung der Arbeitszeiten soll es mehr Aufklärung und Beratung geben, um Unsicherheiten und Vorbehalte abzubauen. Außerdem soll die öffentliche Infrastruktur im ländlichen Raum gestärkt werden, damit er weiterhin attraktiv für junge Menschen bleibt. Und es ist für die Geschlechtergerechtigkeit wichtig, regelmäßig Erhebungen zu den bezahlten und unbezahlten Aufgaben der Frauen in der Landwirtschaft durchzuführen, um auf Missstände aufmerksam zu machen und Verbesserungen planen zu können.

 

Starke Geflügelbranche für starke Frauen

Ein wichtiger Aspekt, der jedoch nicht explizit in die Handlungsempfehlungen aufgenommen wurde, ist die Planungssicherheit. Wie oben bereits erwähnt, zählen fehlende Gewissheiten in der Betriebsplanung zu den größten Sorgen von Frauen in der Landwirtschaft – das gleiche darf für die Männer der Branche angenommen werden. Die ambitionierten Ziele der Bunderegierung für die Landwirtschaft, insbesondere für die Tierhaltung, sind mit hohen Kosten für die Betriebe verbunden. Für diese Investitionen brauchen Landwirtinnen und Landwirte Unterstützung aus der Politik und die Gewissheit: Das wird sich auszahlen. Ohne Investitions- und Planungssicherheit durch einen gut abgesteckten Finanzierungsrahmen wird die Geflügelbranche ihre Wettbewerbsfähigkeit einbüßen. Weitere Höfe müssten schließen und die Geflügelproduktion für den deutschen Markt würde sich ins Ausland verschieben – und ohne existierende Höfe wäre eine Diskussion um die Stärkung von Frauen in der Landwirtschaft obsolet. Und nur eine starke Geflügelbranche kann attraktive Arbeitsplätze für starke Frauen bieten.

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