„Wir gehen weiter voran“

Interview mit ZDG Präsident Friedrich-Otto Ripke

Warum, was, wohin – ZDG-Präsident Friedrich-Otto Ripke über das Geflügelreferendum

Die deutsche Geflügelwirtschaft legt mit ihrem Geflügelreferendum eine große, repräsentative Umfrage mit mehr als 10.000 Teilnehmern vor. Im Interview erklärt Friedrich-Otto Ripke, Präsident des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG), die Hintergründe, bewertet die wichtigsten Ergebnisse und sagt, wie der begonnene Dialog weitergeführt wird.

Herr Ripke, warum haben Sie ein Geflügelreferendum gestartet und was steckt genau dahinter?
Friedrich-Otto Ripke:
In diesem Super-Wahljahr haben wir als Geflügelwirtschaft die deutsche Bevölkerung zur Abstimmung gebeten. Wir wollten wissen, wie die Menschen in Deutschland zu wichtigen Themen rund um Geflügelfleisch stehen: Wie häufig konsumieren sie Geflügelfleisch? Worauf achten sie beim Kauf? Wie denken sie über die Erzeugung in Deutschland, das Tierwohl und das Thema Ernährungssicherheit? Aktuelle Marktstudien zeigen, dass der Trend zum Geflügelfleisch anhält und die Nachfrage weiter steigt. In diesem Zuge erleben wir aber auch intensive Diskussionen auf gesellschaftlicher und politischer Ebene, wie mehr Tierwohl erreicht werden kann. In diese gesamtgesellschaftliche Debatte wollen wir uns mit dem Geflügelreferendum einbringen. Dafür braucht es den Dialog. Wir wollen Fragen stellen, intensiv zuhören und uns so als Geflügelwirtschaft auch selbst noch weiter verbessern. Das Geflügelreferendum ist der Startschuss dazu.
Das Geflügelreferendum beschäftigt sich unter anderem mit der Frage, aus welchem Land die Bürger am liebsten ihr Geflügelfleisch kaufen. Das Ergebnis hierzu ist eindeutig: Knapp zwei Drittel der Deutschen kaufen am liebsten Geflügelfleisch aus heimischer Erzeugung. Wie bewerten Sie dieses Ergebnis?
Friedrich-Otto Ripke:
Über diese mehrheitliche Zustimmung sind wir sehr erfreut, denn dies ist ein Vertrauensbeweis in unsere Halter, die jeden Tag in den Ställen harte Arbeit leisten. Das Ergebnis zeigt, dass das Thema Herkunft den Menschen beim Kauf von Geflügelfleisch wichtig ist und dass sie sehen, welch hohes Niveau an Lebensmittelsicherheit hierzulande existiert. Wir wollten wissen, ob und warum die Bürger heimisches Geflügelfleisch wertschätzen und haben deshalb in unserem Referendum genau nachgefragt. Die allermeisten Bürgerinnen und Bürger nennen zu 67 Prozent die kurzen Transportwege, 65 Prozent sehen darin einen Beitrag zur Unterstützung der regionalen Landwirtschaft. Aber auch Qualität und Frische, Sicherheit und Hygiene sowie Transparenz und Kontrolle werden als wichtige Argumente für den Kauf von Geflügelfleisch deutscher Herkunft genannt.
Die Herkunftskennzeichnung von unbehandeltem, frischem oder tiefgefrorenem Geflügelfleisch ist im Supermarkt verpflichtend. In Restaurants ist eine Kennzeichnung jedoch keine Pflicht. Wie stehen Sie zu dem Thema?
Friedrich-Otto Ripke:
Wir als deutsche Geflügelwirtschaft befürworten sowohl die bereits eingeführte Herkunftskennzeichnung von Geflügelfleisch im Lebensmitteleinzelhandel als auch die verpflichtende Kennzeichnung im Außer-Haus-Verkauf. Die Deutschen sehen das genauso. Das Referendum zeigt ein eindeutiges Ergebnis: 75 Prozent der Befragten wünschen sich hier eine entsprechende Angabe. Besonders brauchen wir das nach meiner Überzeugung auch für die Kantinen und Mensen.
Das Thema Tierwohl ist in der gesellschaftlichen und politischen Diskussion sehr präsent. Die sogenannte Borchert-Kommission hat ein Zukunftskonzept für eine noch tierwohlgerechtere Haltung vorgelegt. Sie sind selbst Mitglied dieser Kommission. Was sagen die Bürger im Referendum zum Thema Tierwohl?
Friedrich-Otto Ripke:
Im Geflügelreferendum kommt ganz klar heraus, dass es ein starkes Bedürfnis nach mehr Tierwohl gibt. Die Borchert-Kommission liegt mit ihren Vorschlägen genau richtig. Denn wir haben die Menschen gefragt, worauf sie beim Kauf von Geflügelfleisch achten. Das wichtigste Kaufkriterium für über 50 Prozent der Deutschen ist die Herkunft. An zweiter Stelle, ebenfalls mit über 50 Prozent, wurde die Tierwohlkennzeichnung genannt. Das Bio-Siegel war weniger wichtig. Die Verbraucher wollen wissen: Wie sieht das Tierwohl im Detail aus? Wie sind die Haltungskriterien? Ich denke, dass verbindliche Transparenz über ein verbindliches Tierwohlkennzeichen der richtige Weg ist. Eine überwältigende Mehrheit von 78 Prozent im Geflügelreferendum unterstützt diesen Plan. Zum Thema Tierwohl kann ich zusammenfassend sagen: Die Deutschen wünschen sich hier weitere Fortschritte. Wir als Geflügelfleischwirtschaft unterstützen diesen Wunsch mit voller Kraft.
Mehr Tierwohl setzt auch voraus, dass die Ställe umgebaut oder komplett neu gebaut werden. Zudem erfordert ein höheres Maß an Tierwohl auch höhere laufende Ausgaben. Sind die Verbraucher bereit, sich finanziell an mehr Tierwohl zu beteiligen?
Friedrich-Otto Ripke:
Ja, es gibt eine hohe Zustimmung. Zur Finanzierung noch höherer Tierwohlstandards sind 70 Prozent der Befragten bereit, die politisch vorgeschlagene Tierwohlprämie von rund 40 Cent je Kilogramm Fleisch zu zahlen. Allerdings: 53 Prozent fänden es ungerecht, wenn Fleischpreise durch Regulierung so stark ansteigen würden, dass sich nur noch ein Teil der Gesellschaft den Konsum leisten kann. Es wird also bei der Umsetzung der Prämie darauf ankommen, die Höhe vernünftig auszubalancieren, also Maß und Mitte zu wahren.
Die bessere Umweltbilanz von heimisch erzeugtem Geflügelfleisch sehen eine Mehrheit der Bürger im Referendum als einen großen Vorteil. Wieso hat Geflügelfleisch aus Deutschland eine bessere Umweltbilanz?
Friedrich-Otto Ripke:
Schaut man sich die Umweltbilanzen von importiertem Geflügelfleisch aus anderen Ländern an, schlagen für das heimische Geflügel natürlich die kürzeren Transportwege zu Buche. Wir haben die beste Futterverwertung und die CO2-Emissionen sind im Vergleich zu anderen Fleischarten die niedrigsten. Außerdem verbraucht die Erzeugung von Geflügelfleisch weniger Wasser und Flächen, was wiederum zu einem geringeren Energieaufwand führt. Wir agieren als Geflügelfleischbranche also schon zu einem großen Maß nachhaltig und klimaschonend. Die letzten Jahre zeigen, dass sich die Einkaufsgewohnheiten der Deutschen verändern. Sie blicken immer mehr und auch immer genauer auf die Ökobilanz von den Lebensmitteln, die sie kaufen und konsumieren. So ist die Ökobilanz von Geflügelfleisch für die Hälfte der Befragten wichtig, für fast 30 Prozent inzwischen sogar sehr wichtig.
Als einer der am breitesten angelegten Bevölkerungsumfragen zu den Themen rund um Geflügelfleisch hat das Geflügelreferendum einen Meilenstein gesetzt. Der Dialog startet nun. Was nehmen Sie als wichtigstes Zwischenergebnis für Ihre Branche mit?
Friedrich-Otto Ripke:
Das Geflügelreferendum hat uns in vielen Aspekten Aufschluss gegeben. Das Wichtigste für uns ist die Wertschätzung für Geflügelfleisch deutscher Herkunft – und damit für die verantwortungsvolle Arbeit unserer Halter. Für uns ist das ein Ansporn, die Erzeugung von Geflügelfleisch in Deutschland zu halten, weiter zu verbessern und auszubauen. So können wir die Standards beim Tierwohl selber setzen und für unsere eigene Ernährungssicherheit sorgen. Als Branche bleiben wir nicht beim Geflügelreferendum stehen. Diese Befragung ist der Auftakt eines breit geführten Dialogs darüber, wie Deutschland seine Geflügelwirtschaft gestalten will. Mit unserer inhaltsgetriebenen Initiative ‚Geflügelzukunft – Made in Germany‘ starten wir einen intensiven Austausch mit Politik, Handel, Experten, Verbraucherschützern, Medien und interessierten Bürgern. Denn die Zukunft des Geflügelfleischs aus Deutschland geht uns alle an.

Den Report zum Geflügelreferendum, in dem alle Ergebnisse zusammengefasst sind, finden Sie hier als PDF zum Download.

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