gemeinsam mit der restlichen grünen Branche haben wir seit Jahresbeginn für den Erhalt des Agrardiesels und, noch fundamentaler, für Zukunftsperspektiven für die Landwirtschaft als Ganzes demonstriert. Ich bin sehr stolz auf den Schulterschluss, der hier gelungen ist. Wie stark diese Einigkeit unsere Landwirtschaft macht, hat sich schnell gezeigt: Die Bundesregierung hat ihre ursprünglichen Pläne, auch die Befreiung der Kfz-Steuer für Land- und Forstwirtschaftliche Fahrzeuge zu streichen, sehr schnell wieder einkassiert. Auch beim Agrardiesel wurde eine zunächst in den Raum gestellte Streichung in eine stufenweise Abschaffung über drei Jahre abgemildert.
Gezeigt hat sich aber auch wie unprofessionell die Bundesregierung gearbeitet und kommuniziert hat. Von einem Land, das sich gerne als Vermittler in schwierigen Themen in der ganzen Welt sieht, hätte ich mehr erwartet. Stattdessen hat es sich planlos und unkoordiniert gegeben: Die Bundesregierung, die immer wieder betont, dass es keine Steuerhöhungen gibt, beschließt diese aber für eine einzelne Branche, die Landwirtschaft – nichts anderes ist die Abschaffung des Agrardiesels. Es gibt viele Ländern, denen ich ein solches Handeln zugetraut hätte – Deutschland gehörte bislang nicht dazu.
Der Konflikt zwischen Landwirtschaft und Bundesregierung geht nun weiter. Auch nach der großen Bauerndemo am 15. Januar und dem Gespräch mit den Fraktionsvorsitzenden der Regierungsparteien gibt es zwar Versprechen zu Bürokratieabbau – aber kein Nachgeben beim zentralen Thema Agrardiesel. Ich habe den Eindruck, keiner der Verantwortlichen in der Ampel hat nun eine Ahnung, wie eine Lösung ohne großen Gesichtsverlust gefunden werden kann. Hoffen wir also auf Weisheit und realen Pragmatismus im Bundestag!
Aktuell wird viel darüber diskutiert, was die größten Probleme in der Landwirtschaft sind – von Lösungen oder ernst gemeinten Verbesserungen ist aber weit und breit nichts zu sehen! Wir haben beispielsweise klare Perspektiven für die Transformation der Landwirtschaft gefordert, welche die Bundesregierung uns so lange schon verspricht, aber – siehe Beispiel Umbau Nutztierhaltung – immer noch nicht geliefert hat.
Gerade über die Tierhaltung im Hinblick auf Nachhaltigkeit und Gesundheit wird viel diskutiert. Gefühlt isst der Großteil der urbanen Bevölkerung mindestens vegetarisch. Doch was ist an dem Hype wirklich dran? In der heutigen Ausgabe des News-Pickers wollen wir die vegane Ernährungsweise beleuchten und der Frage nachgehen, wie gesund und beliebt dieser Trend wirklich ist.
Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre und viele spannende Erkenntnisse!
Ihr Friedrich Otto Ripke
Im Fokus: Bauernproteste und Tierwohlabgabe
Die Bauerndemonstrationen mit Zehntausenden von Landwirten haben viel Sympathie in der Gesellschaft erzeugt und eine Diskussion über die Agrarpolitik ausgelöst. Der Bundeslandwirtschaftsminister wie auch mehrere Ministerpräsidenten und Länderministerinnen und -minister haben die Landwirtschaft in ihrer Argumentation zunächst unterstützt und sich dialogbereit gezeigt. Leider bleiben die bisherigen Ergebnisse deutlich hinter den Erwartungen der Branche zurück. Es geht nämlich um viel mehr, als nur den Agrardiesel.
Im Hinblick auf die öffentliche Aufmerksamkeit für ihre Anliegen war die Aktionswoche „Agrardiesel“ des Deutschen Bauernverbandes Anfang Januar ein voller Erfolg. Mehrere Tage lang war in den Tageszeitungen und in den Hauptnachrichten der Fernseh- und Radiosender dieses Thema ganz vorne mit dabei. Doch bei der Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses am 18. Januar beschlossen die Vertreter der Regierungsparteien trotzdem, die Agrardiesel-Rückvergütung ab März 2024 über drei Jahre auslaufen zu lassen. Der Deutsche Bauernverband kündigte daraufhin die Fortsetzung der Proteste an.
Landwirte leiden unter zunehmender Bürokratielast
Eine Erklärung, warum die Proteste so heftig ausfallen, lieferte Bundesminister Cem Özdemir während der Grünen Woche selbst: Die aktuelle Bundesregierung habe bereits ein „Fass voller Sorgen“ bei den Landwirten vorgefunden und selbst noch mehr hineingeschüttet. Nun sei es übergelaufen. Doch die Lösung, die Özdemir und andere Vertreter der Bundesregierung nun vorrangig präsentieren, nämlich Bürokratieabbau, geht am eigentlichen Problem vorbei.
Zwar unterstützen alle Landwirte die Forderung nach Bürokratieabbau. Über die letzten Jahre hat sich aber gezeigt, dass nicht einmal hochrangig besetzte Expertengremien zum Bürokratieabbau halten können, was sie versprechen. So leitete beispielsweise der ehemalige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber acht Jahre lang, bis Ende 2015, eine sogenannte „High-level group“ zum Bürokratieabbau auf EU-Ebene. Doch für die Landwirte in Deutschland kam es dadurch zu keinen nennenswerten Entlastungen.
Landwirte wollen mit ihrer Arbeit am Markt Geld verdienen
Vorrangiges Ziel der Landwirte ist daher nicht der Abbau von Bürokratie, sondern, mit ihrer Arbeit am Markt genug Geld zu verdienen, um davon leben und ihre Betriebe weiterentwickeln zu können. Hier versetzt gerade die Abschaffung des Agrardiesels einen Schlag. Wie ein Faktencheck des Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatts zeigt, ist der Preis für Diesel in der deutschen Landwirtschaft bereits im oberen Mittelfeld eines europäischen Preisvergleichs – netto rund 1.270 € je 1.000 Liter. Der Durchschnittspreis für Agrardiesel beträgt in der EU-27 lediglich 1.058 € je 1.000 Liter. Nach der Abschaffung hätten deutsche Landwirte den zweitteuersten Agrardiesel in der EU und müssten rund 1.700 € bezahlen: Ein massiver Wettbewerbsnachteil.
Die Gemeinsame EU-Agrarpolitik braucht einen Neuanfang
Ein dringender Wunsch der deutschen Landwirte ist es daher, dass Benachteiligungen im europäischen Wettbewerb beendet werden. Dazu müssen einerseits nationalbenachteiligende Regeln abgeschafft und andererseits unfaire Vorteile für andere EU-Staaten beendet werden. „Ohne Reset bei agrarpolitischen Fragestellungen auf EU-Ebene werden keine spürbaren Entlastungen für die Betriebe eintreten! Die Gemeinsame Agrarpolitik der EU ist ausreformiert und ist von Grund auf neu zu konzipieren“, erklärt Wolfgang Schleicher, Geschäftsführer des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG) gegenüber Geflügelnews.
Gleichzeitig ist es notwendig, unfaire Marktverwerfungen im Bereich der Handelspolitik zu beenden. So drängen derzeit beispielsweise zollfreie Agrarerzeugnisse aus der Ukraine massiv auf den deutschen Markt und destabilisieren so den Geflügelfleischsektor. Allein in den ersten 8 Wochen des Jahres 2023 lagen die Einfuhren fast 100 % über denen des Vorjahreszeitraums (nähere Informationen gibt es hier). Schlachthöfe auch in anderen EU-Staaten berichten von hohem Preisdruck auf dem Masthähnchenmarkt (nähere Informationen gibt es hier). Die deutsche Geflügelwirtschaft ist geeint in der Ablehnung des russischen Überfalls auf die Ukraine. Doch Hilfsmaßnahmen der EU dürfen nicht überproportional zu Lasten einzelner Branchen gehen.
Verlässliche Rahmenbedingungen müssen umgesetzt, nicht nur angekündigt werden
Schließlich müssen nationale Großprojekte im Bereich der Landwirtschaft, insbesondere der Umbau der Tierhaltung, auf eine Weise umgesetzt werden, bei der Landwirte am Markt für ihre Bemühungen entlohnt werden. Der vielfach bekundete Respekt der Verbraucherinnen und Verbraucher für die Landwirtschaft darf sich nicht nur in freundlichen Worten, sondern muss sich an der Ladenkasse äußern. „Dazu braucht es keine neuen Abgaben wie den Tierwohl-Cent, sondern verlässliche Rahmenbedingungen“, betont der ZDG-Geschäftsführer. Wie er vermutet, werden sich die erhitzten Gemüter in der Landwirtschaft daher erst wieder beruhigen, wenn die Landwirte das Gefühl haben, dass diese Probleme effektiv angegangen werden. Allgemeine Absichtserklärungen, wie beispielsweise das Anfang Januar vorgelegte Sieben-Punkte-Papier (nähere Informationen gibt es hier) helfen hingegen nichts.
Lesen Sie im folgenden Beitrag, warum der jüngst in die politische Diskussion eingebrachte Vorschlag eines Tierwohl-Cents, auch aus juristischer Sicht wenig hilfreich ist.
Die Tierwohlabgabe forderte bereits die Borchert-Kommission. Doch für eine Einführung müssen hohe Verfassungs- und europarechtliche Hürden überwunden werden. Das schreibt Dr. Till Valentin Meickmann vom Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht, insbesondere Finanz- und Steuerrecht der Universität Passau, in einem Gastbeitrag auf verfassungsblog.de. „Während eine Sondergabe kaum mit der diesbezüglichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu vereinbaren sein dürfte, setzt das unionsrechtliche Verbot diskriminierender Abgaben einer zweckgebundenen Steuer Grenzen“, erklärt Dr. Meickmann.
Tierwohl-Cent kaum als Sonderabgabe umsetzbar
Eine Sonderabgabe mit dem Zweck, ein besonders Vorhaben zu finanzieren, erlaubt das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung demnach nur in seltenen Ausnahmen. Dazu gehört, dass stets eine homogene Gruppe von der Abgabe belastet werden müsse. Die Verbraucherinnen und Verbraucher als Ganzes zählten aber nicht als so eine Gruppe, so Dr. Meickmann. Zudem müsse die Abgabe zum Nutzen einer belasteten Gruppe verwendet werden. Man könne mit einer zweckgebundenen Tierwohl-Abgabe also prinzipiell Benachteiligungen der Lebensmittelkette ausgleichen, allerdings müsste der Gesetzgeber dann darlegen, warum Landwirte, Verarbeiter und Handel durch zu wenig Tierwohl benachteiligt sind. Außerdem müsste die Abgabe dann in der Lebensmittelkette erhoben werden.
Leichter wäre eine Sonderabgabe ohne besonderen Finanzierungszweck einzuführen, so der Jurist. Dann wäre der Zwecke der Tierwohl-Abgabe aber nicht, Geld für den Umbau der Tierhaltung zu mobilisieren, sondern, den Verbrauch tierischer Produkte zu lenken.
Möglich dagegen Verbrauchssteuer auf tierische Produkte
Möglich wäre eine Verbrauchssteuer auf tierische Produkte, die so gestaltet ist, dass sie auf private Endverbraucher abgewälzt werden könne. Vorbild hierfür könnten Kaffee- und Biersteuer sein. Ebenfalls denkbar wäre es, den Umsatzsteuersatz für tierische Produkte von derzeit 7 % auf 19 % oder einen dazwischenliegenden Satz zu erhöhen. Während die Umsatzsteuer unkompliziert erhöht werden könnte, würden Verbraucher dadurch zum Verzehr möglichst niedrigpreisiger Produkte motiviert. Eine Verbrauchssteuer wäre komplizierter in der Gestaltung, könnte aber so umgesetzt werden, dass Lebensmittel mit höherem Tierwohl begünstigt würden.
Bindung der Einnahmen an Nutztierhaltung schwierig
Verfassungsrechtlich schwierig durchzusetzen wäre allerdings die Zweckbindung der Einnahmen für den Umbau der Tierhaltung. Steuereinnahmen flössen grundsätzlich in den allgemeinen Haushalt. Erschwerend komme hinzu, dass die Steuer europarechtlich keinen Wettbewerbsnachteil darstellen dürfe. Wenn deutsche Landwirte durch Förderung aus den Steuereinnahmen von jeglicher zusätzlichen Belastung verschont würden, wäre die Tierwohlsteuer europarechtswidrig.
Politisch leicht gangbar wäre laut Dr. Meickmann somit nur die Einführung einer Tierwohlsteuer bzw. die Erhöhung der Umsatzsteuer, um das Steueraufkommen zu erhöhen. Damit wird aber der Zweck verfehlt, den Umbau der Tierhaltung zu finanzieren. ZDG-Geschäftsführer Wolfgang Schleicher erinnert in diesem Zusammenhang zudem daran, dass „die Lösung ganz einfach wäre. Anstelle über die Einführung von Fleischsteuer, Tierwohl-Cent oder Tierwohlabgabe sowie zum Bürokratieabbau eine Scheindebatte zu führen, sollte die Bundesregierung gute Initiativen, wie die wirtschaftsgetragene Initiative Tierwohl (ITW), stärken. Davon profitieren Tiere, Verbraucher und Landwirte gleichermaßen. Hier sorgen die Beteiligten – Landwirtschaft, Fleischwirtschaft, Lebensmittelhandel und Gastronomie – nun schon seit 2015 über definierte Preisaufschläge dafür, dass die höheren Kosten für die Erfüllung höherer Tierwohlstandards den teilnehmenden Betrieben bezahlt werden. Dies alles läuft ohne überbordende Bürokratie, aufwändige Erhebungssysteme und teure Verwaltungsstrukturen. Warum zögert die Bundesregierung, gemeinsam mit der Ernährungswirtschaft über die ITW den Tierhaltungsstandort Deutschland weiterzuentwickeln?“
(Bildnachweis: Adobe Stock / photobyphotoboy)
Weniger tierische Lebensmittel erzeugen und essen, um das Klima zu retten – diese Forderung ist in der jüngeren Vergangenheit häufig zu hören. Doch stimmt diese Schlussfolgerung? Der Ernährungswissenschaftler Dr. Malte Rubach hat sich mit dem Thema beschäftigt und kommt zu interessanten Ergebnissen.
In einem Post im Netzwerk LinkedIn erinnert Rubach daran, dass 40 % der weltweiten Eiweißversorgung aus tierischen Proteinen gedeckt werden und diese für den Menschen die höchste Qualität hätten. Derzeit sei die Proteinversorgung aus tierischen Quellen in Afrika und Asien nicht ausreichend, um die Bevölkerung mit hochwertigem Eiweiß zu versorgen. Gleichzeitig nehme die Nachfrage nach tierischen Lebensmitteln weltweit weiter zu. Es müsse daher überlegt werden, wo diese Nachfrage aus klimatischer Sicht am günstigsten befriedigt werden könne.
Rubach präsentiert in seinem Posting Grafiken des Global Livestock Environmental Assessment Models (GLEAM), eines Berechnungsmodells der Welternährungsorganisation FAO. Dieses Modell zeigt auf anschauliche Weise globale Daten zu Tierbeständen, tierischen Erzeugnissen, daraus resultierenden Emissionen und der Intensität verschiedener Emissionen in unterschiedlichen Regionen der Welt.
Europa ist klimatischer Gunststandort für die Produktion von Geflügelfleisch und Eiern
Demnach produziere Europa derzeit Schweine- und Rindfleisch sowie Eier weltweit am klimaeffizientesten. Bei Geflügelfleisch liegt Europa auf dem gleichen, sehr niedrigen Niveau wie Nordamerika, was den Ausstoß von Klimagasen angehe. Es mache keinen Sinn, die Nutztierhaltung an solchen Standorten zurückzufahren, während die Nachfrage nach daraus gewonnenen Lebensmitteln steige und Produktion in anderen, klimapolitisch weniger günstigen Regionen aufgebaut werde. Sinnvoll sei es hingegen, die Produktion an diesen Gunststandorten zu erhalten, für den Export zu produzieren und gleichzeitig das Wissen um klimaeffiziente Produktion in andere Regionen zu exportieren.
Abschließend fordert Rubach: „Debatten über den Rückbau der tierischen Erzeugung in Deutschland oder Europa verkennen die Bedeutung tierischer Lebensmittel für die globale Ernährungssicherheit.“
Vegane Lebensmittel gelten als gesund und nachhaltig. Sich rein vegan zu ernähren, dafür wirbt die internationale Organisation Veganuary seit einigen Jahren. Doch was steckt hinter dieser Aktion und ist vegane Ernährung wirklich so populär und gesund? Wir sehen genauer hin.
Die vegane Szene unternimmt viel, um auf sich aufmerksam zu machen. Seit zehn Jahren ruft die gemeinnützige Organisation Veganuary immer zu Beginn des Jahres die gleichnamige Kampagne aus, um für die pflanzliche Ernährung zu werben: Der Begriff „Veganuary“ setzt sich aus den Wörtern „vegan“ und „January“ zusammen – konkret geht es in der Kampagne also darum, sich den ganzen Januar vegan zu ernähren. Veganuary haben 2014 Privatpersonen in Großbritannien ins Leben gerufen und ist heute eine globale Bewegung. In Deutschland ist sie 2019 angekommen. Seitdem weisen die großen deutschen Handelsketten in ihrer Werbung im Januar immer auf den Veganuary hin und promoten für diese Zeit vegane Produkte.
Wie erfolgreich ist der vegane Monat?
Die Unterstützer, die Organisation Veganuary gefunden hat, lassen sich sehen. Neben nationalen Prominenten wie Lena Meyer-Landrut, Dr. Eckart von Hirschhausen und dem in der Landwirtschaft durchaus umstrittenen Schauspieler Hannes Jaenicke werden auch internationale Stars wie Paul McCartney, Billie Eilish und Schauspieler Alex Baldwin genannt. Auch in der breiten Gesellschaft ist angeblich die Kampagne angekommen. Laut YouGov nahmen im letzten Jahr neun Prozent der Deutschen den Veganuary zum Anlass, um vegane Ernährung auszuprobieren. Doch wie viele Menschen in Deutschland den Veganuary wirklich nutzen, um ihre Ernährung umzustellen, dazu ist von den Organisatoren kaum etwas zu hören.
Wenn man der Medienberichterstattung Glauben schenkt, ernährt sich mittlerweile gefühlt der Großteil – zumindest der urbanen – Gesellschaft rein pflanzlich. Die Realität sieht aber anderes aus: Nicht einmal 1 Prozent der deutschen Bevölkerung hat sich für diese Lebensweise entschieden.
Der Begriff „vegan“ kann sogar abschrecken
Mitunter soll sogar die Bezeichnung „vegan“ abschreckend wirken. Einer Studie des Baruch College in New York und der University of California zu Folge (nähere Informationen gibt es hier). würden sich viele Verbraucher öfter für pflanzliche Kost entscheiden, wenn diese nicht als vegan bezeichnet wird. Während 20 % der Studienteilnehmer einen geschenkten Lebensmittelkorb wählten, der mit der Bezeichnung „vegan“ angepriesen wurde, griffen 27 % erst zu, als er „pflanzenbasiert“ genannt wurde. Populär wurde der Geschenkkorb ohne Fleisch und Milchprodukte erst, als man ihn mit ganz anderen Begriffen bewarb: Nannte man ihn „gesund“, griffen 42 % der insgesamt 7.341 Studienteilnehmer zu und ließen einen vergleichbaren Korb mit Fleisch und Milch stehen. 43 % entschieden sich dafür, wenn der Korb als „nachhaltig“ beworben wurde. Am beliebtesten war der Korb – mit einer Annahmequote von 44 %, wenn er als „gesund und nachhaltig“ bezeichnet wurde. Wie die Wissenschaftler erklärten, trat ein ähnliches Verhalten über alle soziodemokratischen Gruppen auf. Am stärksten war der Effekt bei Menschen, die sich als „Konsumenten von rotem Fleisch“ bezeichneten.
Ist vegane Ernährung automatisch gesünder?
Wie gesund eine vegane Ernährung ist, ist nicht klar. Noch gibt es keine Langzeitstudien dazu. Einig sind sich die Experten aber, dass eine vegane Ernährung herausfordernd und nicht für jeden empfehlenswert ist. Wer sich rein vegan ernähren möchte, muss laut DGE für eine ausgewogene Versorgung mit allen wichtigen Nährstoffen einige Dinge besonders berücksichtigen. Wer sich also für einen veganen Lebensstil entscheidet, muss sich daher intensiv mit der Ernährung auseinandersetzen, um gesund zu bleiben.
Wie bewertet die DGE vegane Fertigprodukte?
Mittlerweile gibt es auch viele vegane Fertigprodukte im Lebensmitteleinzelhandel zu kaufen. Die DGE sieht diese aber kritisch. Die Produkte seien meist hoch verarbeitet und enthielten neben viel Zucker, Salz und Fett auch meist zahlreiche Zusatzstoffe. Allerdings verweist die DGE auch darauf, dass vegane Fertig- oder Ersatzprodukte teils mit notwendigen Vitaminen, Mineralstoffen, Aminosäuren und anderen wichtigen Elementen einer ausgewogenen Ernährung angereichert seien. Sie können Veganern also helfen, sich gesund zu ernähren. Die DGE gibt zu bedenken, dass oftmals unklar ist, ob und wie der menschliche Körper die Zusatzstoffe aufnehmen und verwerten kann. Zudem schwanke selbst innerhalb einer Produktgruppe oft, welche Mengen an Zusatzstoffen den Lebensmitteln zugefügt worden seien.
Neue Studie zu veganer Ernährung
Wie gesund eine vegane Ernährung wirklich ist, ist derzeit Gegenstand einer wissenschaftlichen Langzeituntersuchung, der sogenannten COPLANT-Studie. An dieser Untersuchung sind unter anderem das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), das Max Rubner-Institut (MRI), das Forschungsinstitut für pflanzenbasierte Ernährung (IFPE) sowie mehrere Universitäten beteiligt. Dabei soll über einen Zeitraum von insgesamt 20 Jahren untersucht werden, welche Auswirkung vegane, vegetarische und pescetarische (Fisch, aber kein Fleisch) Ernährung auf die erwachsenen Teilnehmer hat.
Fragen, die durch die Studie geklärt werden sollen, sind unter anderem: Was passiert im Stoffwechsel, wenn vollständig auf tierische Lebensmittel verzichtet wird? Wie wirken sich die einzelnen Ernährungsweisen aus? Unterscheiden sich die pflanzenbasierten Ernährungsweisen von einer Mischkost hinsichtlich der Aufnahme von unerwünschten Substanzen? Die Wissenschaftler untersuchen außerdem, welche ökologischen, sozialen und ökonomischen Auswirkungen die Ernährungsweisen haben und wie nachhaltig diese sind.
Unser Fazit
Zu behaupten, dass vegane Ernährung gesünder als andere Ernährungsformen sei, ist wissenschaftlich derzeit nicht belegt. Wir glauben, dass eine bewusste flexitare Ernährung, zu der auch Geflügelfleisch gehört, die gesündeste Ernährung ist. Gerade Geflügelfleisch steht durch seine positiven Eigenschaften und seine facettenreiche Zubereitung für eine gesunde und ausgewogene Lebensweise.
(Bildnachweis: Veganuary)
Der Gegencheck
In mehreren deutschen Städten warb Pro7 mit Plakaten für die Sendung. Unter der Überschrift: „Wer von beiden bekommt mehr Antibiotika?“ war zu sehen, wie Thilo Mischke ein Huhn hält. Dass es bei dem Beitrag dann um die Putenhaltung ging, ist nur die erste von mehreren Vereinfachungen, zu denen der Fernsehsender gegriffen hat (nähere Informationen gibt es hier). Fraglich ist auch die Weise, wie bei dem Fernsehdreh vorgegangen wurde: Mischke begleitete ein Team der sogenannten Tierschutz-Aktivisten von Aninova (vormals deutsches Tierschutzbüro) beim unerlaubten Betreten einer Putenmast-Anlage in NRW. Die Vorwürfe, die dabei gegen die Putenhaltung erhoben werden, sind altbekannt – richtig sind sie daher aber noch lange nicht.
Zu sehen ist zunächst, wie der Pro7-Reporter zusammen mit Jan Peifer von Aninova nachts in einen Putenhaltungsbetrieb eindringt. „Es ist weniger schlimm als ich dachte, aber diese ganzen Augen, die dich angucken, wenn Du reinkommst.“ So schildert Mischke seinen ersten Eindruck aus dem Stall. Aus dem Off wird kurz danach eingesprochen: „In der Massentierhaltung werden Massen von Antibiotika eingesetzt, im Jahr 2022 waren es in Deutschland 540 Tonnen“. Diese führt die Sendung als einen Beleg an, warum die Nutztierhaltung in Deutschland eine Quelle multiresistenter Keime sei.
„Diese Zahlen sind so nicht richtig“, klärt der Geschäftsführer der Deutschen Geflügelwirtschaft, Wolfgang Schleicher, auf. In Deutschland wurden 2022 insgesamt 540 Tonnen Antibiotika an Tierärzte mit einer tierärztlichen Hausapotheke abgegeben – das schließt also die nicht unerhebliche Zahl der Heimtiere und Pferde mit ein. Insgesamt wurden 10 Prozent weniger Antibiotika abgeben als im Vorjahr.
Zudem heißt es im weiteren Verlauf der Sendung, dass 40 % der in der Geflügelhaltung eingesetzten Antibiotika „Reserveantibiotika“ wie Colistin seien, die beim Menschen für Infektionen reserviert seien, bei den kein anderes Antibiotikum helfe. Die Zahlen des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) dagegen beweisen, dass Reserveantibiotika sowohl bei Puten als auch bei Hühnern seltener eingesetzt werden, zudem sinkt die aufgewendete Menge. Nur knapp 11 Prozent der in der Putenhaltung eingesetzten Antibiotika entfallen auf Colistin. (nähere Informationen gibt es hier)
Laut aktuellem Bericht des BfR zur Nutztierhaltung sind außerdem die Verbrauchsmengen von Antibiotika bei Mastputen und -hühnern zwischen 2017 und 2021 deutlich zurückgegangen, um fast zehn Tonnen bei Mastputen (-13 %) und 7,5 Tonnen bei Masthühnern (-11,5 %). Auch sei die Therapiehäufigkeit bei Mastputen rückläufig. (nähere Informationen gibt es hier)
Das BfR kommt zum Ergebnis, dass die Entwicklung antibiotikaresistenter Keime nach wie vor eine wichtige Aufgabe für die Branche ist. Der Antibiotikaeinsatz müsse weiter reduziert werden, um die Entwicklung und Verbreitung von Resistenzen zu vermeiden und langfristig auch die Resistenzraten zu senken. Im Verhältnis zu Erkrankungen mit resistenten Keimen, die Menschen in einem Krankenhaus bekommen, sei das Auftreten von Resistenzen über Lebensmittel deutlich seltener.
Fazit
Der Einsatz von Antibiotika zur Leistungssteigerung ist in der Mast in Deutschland verboten und eine Verwendung kann nur nach strenger Diagnostik und Verschreibung durch den Tierarzt erfolgen. Vorwürfe wie in der Pro7-Sendung, dass niemand in der Tierhaltung ein Interesse daran habe, den Einsatz von Antibiotika zu senken, können mit Verweis auf die sinkenden Verbrauchszahlen leicht entkräftet werden. Die Geflügelbranche nimmt das Thema Antibiotikaresistenzen nicht auf die leichte Schulter. Ziel ist und bleibt es weiterhin, den Antibiotikaverbrauch weiter zu reduzieren.
ZDG Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft e.V.
Claire-Waldoff-Str. 7
10117 Berlin
Telefon: 030-288831-10
Telefax: 030-288831-50
E-Mail: info@zdg-online.de
Vertreten durch:
Wolfgang Schleicher, Geschäftsführer